Montag, 15. Juli 2013

Vom guten und vom schlechten Schwein - eine Satire


Unsere DNA ist dem Schwein sehr ähnlich und deshalb werde ich hier in vieler Hinsicht Vergleiche mit unseren Artgenossen ziehen. 

Das Schwein ist gar nicht das was es für uns zu sein scheint. Es ist ein kleines rosa Wesen mit flachen Rüssel und Ringelschwanz, ein oft gegessenes, mit Worten belegtes Tier, dass wir immer mal wieder für abfällige Äußerungen missbrauchen.


In Wirklichkeit ist ein Schwein geteilt zu betrachten, es gibt nämlich gute und schlechte Schweine.
Das gute Schwein ist das Tier, das Fleisch und Wurst und einen Schwartenmagen zaubert und zu guten (oder weniger guten) Essen zubereitet wird. Ein Schlachtobjekt unserer Begierde. Das schlechte Schwein ist immer dann die Bezeichnung für Menschen aller Altersgruppen und Nationalitäten, wenn Mensch von Mensch nicht verstanden wird und nicht mehr weiß wie er oder sie sich sonst erwehren soll.


Die Sprache ist ein gutes Ventil, Schwein ein oft gehörtes und gewohntes Schimpfwort. Jeder hat es mal gebraucht - davon bin ich überzeugt, und sei es nur als Gedanke. Wir lernen bereits im Mutterleib, dass ein Schwein ein Mensch ist, der etwas unschönes getan oder gesagt hat. Und gleichzeitig lernen wir, ein Schwein ist rosa und hat einen Ringelschwanz und  man kann Steaks daraus machen. Außerdem quickt es und grunst.


Damit hört es eigentlich auch schon auf mit dem Lernprozess. Manche Menschen interessiert das Schwein auch aus gesundheitlichen Gründen. Es gibt die Schweinepest, bei Mastschweinen kommt manchmal kein gutes Fleisch zustande, weil die Tiere so viel Adrenalin ausschütten, dass das Fleisch zu Hundefutter verarbeitet wird, wer will schon Hundefutter essen. Also möchte diese Menschen eine bessere Aufzucht, gutes Futter für die Schweine und dann wird das Ganze mit dem Gütesiegel versehen und kommt als Bio-Ware in die Kühltruhen. Diese Menschen haben dann ein gutes Essen für andere Menschen gemacht und überhaupt sie fühlen sich besser, denn sie haben auch noch etwas für die Umwelt getan.


Das Schwein als Markenware. Man sieht sie manchmal in Plastik stehend, vor dem guten Metzger in der Stadt, lächelnde Schweine mit ihren zartrosa Bäckchen und hocherhobenen Fuß (den rechten versteht sich) der dann auf das Angebot des Tages hinweist. Kennt ihr diese kleinen Plastikschweinchen, achtet mal darauf, sie lächeln immer!


Die anderen, die Schlechten, die sieht man nie. Man hört sie nur. Auf halbleeren Gassen, wenn die Lichter der Kneipen langsam verlöschen, dann hört man noch eine Flasche die unsanft auf den Boden fällt und einen lallenden Ausdruck: 

” Du Schwein du!” 

Wen er denn nun mit diesem Schimpfwort betitelt, den sieht man nicht. Denn man nimmt schnell Reißaus, vor dem Betrunkenen an der Ecke. Es interessiert nicht weiter. Die schlechten Schweine die will man nicht, man jagt sie aus dem Garten, oder aus der Tür oder man versucht sie einem Albtraum gleich zu begraben.

“Gesagt haben wir doch sowas nicht, nein wir nicht!” Zitat Ende.
Wir wachsen damit auf, mit den guten und den schlechten Schweinen. Mit dem:

“Hand vor den Mund und hör auf zu Grunzen!”
oder
“Iss schön dein Fleisch auf Schatz, damit du groß und stark wirst!”

Uns interessiert nicht weiter woher die Tierchen kommen, wie sie sterben und wie unsere Steaks hergestellt werden. Uns interessiert nur ob ihr Fleisch frisch ist, ob die Kühltheke gut sortiert ist. Ob das Fleisch schön rosa ist (so wie das Lächeln des Metzer-Plastikschweinchens), natürlich das Herstellungsland (Gerda zu Bruna: “Kauf nur nix aus Übersee, der Weg ist zu weit und du weißt nicht wie lange das Steak unterwegs war!”), vielleicht noch das Biosiegel (Sabine zu ihrer Frau: “Für uns nur das Beste! Kauf BIO!”) und natürlich der Preis.


Das ist es was wir bereits als Kleinkinder mitbekommen. Das gute Schwein auf dem Brot in Form von einem kleinen Teddybären. Die sogenannte Kinderwurst. Doch merkwürdig, wenn ich durch die Reihen der Kindernahrung gehe, die kleinen Gläschen betrachte, da wird mir auf einmal bewusst, da gibt es kein gutes Schwein. Da gibt es Huhn und Pute und sogar vereinzelt Rind, doch kein Schwein. So als ob das Lächeln gar nicht mehr so rosa aussehen würde. Man hat doch tatsächlich das Schwein vergessen - das gute Schwein versteht sich. Und so frage ich mich, warum steckt es nicht in den Gläschen, wenn es doch immer noch in den Theken zu finden ist, als Abgepacktes hinter den Tresen liegt, vergammelte Ware hinter den Kaufhäusern in Containern und auf dem Küchentisch fein zerlegt als Sonntagsbraten, warum also nicht auch in den kleinen Glasbehältern für Kindernahrung. Ein kleines Schwein das singt und auf einer saftigen Wiese tanzt. Warum hat die Werbung das gute Schwein vergessen?Ich stell es mir so schön vor, rosa auf saftigem Grün der Wiese, mit Butterblümchen in zarten Gelb und über dem ganzen: Gutes Schwein in zartem Buttergemüse.


Merkwürdig oder?

Und deshalb habe ich nachgehakt, klar gibt es das gute Schwein in Babynahrung (ab 4 Monate steht darauf) von Alete und Hipp. Aber niemand kauft es. Und deshalb ist es auch nicht im Sortiment. Ich fragte mich warum kauft es niemand. Und bekam zur Antwort:

“Na wegen der Schweinepest (KSP klassische Schweinepest oder ASPV - Afrikanische Schweinepest-Virus) und den Zusatzstoffen die aus dem Schwein gewonnen werden und natürlich der Antibiotika die Mastschweine bekommen und die sich dann im Fleisch absetzt"
- Ah danke sage ich! Jetzt kapiere ich es! Na klar, man will ja nicht, dass die lieben Kleinen die Schweinepest (oder schlimmeres) bekommen. Verständlich.  Nur, warum dann die Kinderwurst, diese - ihr kennt sie sicherlich - mit dem Teddy drauf (Theodor würde sich sicherlich freuen!) Wurden die Zusatzstoffe, die Antibiotika und der Virus dort herausgenommen, vielleicht durch chemische Prozesse zum zersetzen gebracht? Oder ist das ganz Kind gerecht genmutierte Tierchen, nur für diese Wurst gezüchtet?Eine Antwort habe ich nicht erhalten, ich habe es auch nicht erwartet. 

Auch keine Antwort, warum wir Menschen zwar auf Packung und Preis achten, bevor wir ein Produkt kaufen. Auf Konservierung und die kleinen E´s und sonstigen merkwürdigen Kürzel die uns nur dann etwas sagen, wenn wir uns die Mühe machen in Google nachzulesen. Auch keine Antwort: warum es noch immer Schweinesteaks von Massentierhaltern gibt und warum in den Fleischfabriken die Tiere in engen Verschlägen gehalten werden und diese in ihrem eigenen Kot dahin vegetieren, bevor sie psychisch und physisch zerrüttet geschlachtet werden (Human versteht sich!).


Wir achten auf versteckten und unversteckten Zucker, ob die Ware getestet wurde und ob es schmeckt. Aber uns interessiert es nicht ob unser Kind irgendwann nur einen Unterschied zwischen dem Guten und dem Schlechten Schwein kennt, nämlich die Hand vor den Mund zu halten, wenn es Husten muss. Oder sich die Hände nach dem Pipi machen zu waschen, keine Popel zu essen und auf keinen Fall einen Regenwurm:
“Bäh du bist doch kein Schwein, nimm den Wurm aus dem Mund!” 

Stattdessen isst es gute Schweine aus der Tiefkühltruhe oder direkt vom Metzger, Schweinerosa und ganz frisch.
Und hin und wieder schlägt es sein Kinderbuch auf, das vom Bauernhof und da tummeln sich dann lächelnde Schweinchen auf der Wiese oder im schönen Stall. Später dann hat es einen eigenen kleinen Bauernhof mit Pferdchen und Hühnchen und natürlich auch den rosa Schweinchen und die darf es dann auf die Wiese vors Haus setzen.

Und sollten wir intelligente Kinder haben, die dann einen Zusammenhang sehen zwischen der Teddywurst und der Spielzeug-Bauernhof-Schweinehaltung, dann können wir immer noch sagen: 


“Den nächsten Urlaub verbringen wir dann auf einen richtigen Bauernhof, damit du mal echte Schweine siehst!”
Und natürlich nicht auf einem Masthof, das wollen wir weder unseren Kindern doch uns antun. Das wäre zu unmenschlich. Nein ein Ferienbauernhof in Bayern. Da laufen dann die kleinen und großen Schweinchen  auf dem Hof herum  und unsere Kleinen können sie dann füttern, biologisch natürlich. Und im Winter, wenn es keinen Gastbetrieb mehr gibt, werden diese dann human geschlachtet und kommen im Sommer auf das Butterbrot (die Wurst ist ohne Verpackung, denn dann müsste ja drauf stehen: Eigene Schlachtung!). Wir achten nur darauf, dass die Schweine ihr Lachen nicht verlieren. Denn Kinder lieben kleine rosa Schweinchen mit einem Lächeln im Gesicht.

Ach ja, die schlechten Schweine, die kommen in meiner Geschichte ja fast schon zu kurz. Doch spätestens im Kindergarten hören wir sie. Wenn Leon das Spielzeug von Alexander geklaut hat und Alex wütend zur Kindergärtnerin läuft und weint: “Das doofe Schwein hat meinen Laster geklaut!”Gute Kindergärtnerinnen sagen dann: “Schwein sagt man nicht - Schwein is(s)t man!”

In dem Sinne


Guten Appetit wünscht Jo



Gilt übrigens für jede andere Tierart auch... Es gibt den Ausdruck:

  1. Dumme Kuh
  1. Dämliches Huhn
  1. Du gickelst wie eine Henne (Hessisch gickeln = kichern)
  1. Blöder Ochse
  1. Rindvieh
  1. Blindes Huhn...
  1. Schwein gehabt...
Was ich noch nicht gehört habe:
  • Du Mastkücken
  • Du Massentier
Wundert mich irgendwie...

Äh und für jeden der mich jetzt schlachten will... DIES ist eine SATIRE!!