Mittwoch, 9. Juli 2014

Die Krone der Schöpfung


Armin Rohm schreibt geniale Texte.
Vielen Dank Armin, dass ich diesen Text hier einfügen darf.
Mit ausdrücklicher Erlaubnis des Autors:

Die Krone der Schöpfung ?

"Unsere Werte und Überzeugungen steuern unser Verhalten. Wenn wir wiederholt in einer Weise handeln, die im Widerspruch zu unseren Werten steht, spüren wir, sobald wir den Widerspruch bemerken oder darauf angesprochen werden, ein moralisches Unbehagen. Dann haben wir grundsätzlich drei Optionen, diese „kognitive Dissonanz“ und das damit einhergehende mulmige Gefühl aufzulösen:
1.) Wir können unser Verhalten so verändern, dass es wieder mit den Werten übereinstimmt.
2.) Wir können unsere Werte/Überzeugungen korrigieren.
3.) Wir erklären den Sachverhalt so, dass unser Verhalten auf wundersame Weise doch irgendwie zu unseren Werten zu passen scheint.

Der dritte Punkt ist für das Thema „Tiere essen“ der spannendste. Wenn ich mit Menschen über ihr Verhältnis zu Tieren rede, sagt nur eine winzig kleine Minderheit: „Es ist völlig o.k. Tiere zu quälen, zu töten und zu essen. Sie verdienen es nicht anders.“

Die allermeisten Menschen mögen Tiere und wünschen sich, dass es ihnen gut geht bzw. zumindest, dass sie auf gar keinen Fall unnötig leiden. Dennoch essen sie Tiere – ganz selbstverständlich, in der Regel ohne jeden Skrupel. Das Verhalten passt also definitiv nicht zu den Werten. Jemandem ein gutes Leben zu wünschen und gleichzeitig seine Hinrichtung zu beauftragen ist ein offensichtlicher Widerspruch. Jetzt wäre es naheliegend, die moralische Verwerflichkeit des eigenen Verhaltens zu erkennen und ab sofort einfach auf den Verzehr tierischer Produkte zu verzichten. Diese völlig logische Entscheidung trifft aber leider kaum jemand. Die zweite Möglichkeit: Ich könnte auch meine Werte neu definieren und sagen: "Tiere sind offenbar doch nichts weiter als eine Ware ohne jede ethische Relevanz. Wir können mit ihnen machen, was immer wir wollen." Dieser Sinneswandel wäre vielleicht im Einzelfall schonungslos ehrlich, ist aber ebenfalls nicht wahrscheinlich. Wir ändern unsere Werte nicht eben mal schnell, nur weil uns jemand auf einen eventuellen Widerspruch hinweist.

Wahrscheinlich ist vielmehr, dass ich mein Verhalten irgendwie beschönige oder aber meine Werte‚ in einer für mich günstigen Weise interpretiere. Wenn in meiner Umgebung fast alle Menschen Fleisch essen und sie sich ebenfalls keinerlei Gedanken darüber machen, dann kann es ja so falsch nicht sein. Diese erste ‚Überlegung‘ nimmt mir schon mal einen großen Teil der Last („Ich mache doch nur, was alle anderen auch tun. Wieso sollte ich mich deshalb schuldig fühlen? Außerdem schmeckt Fleisch lecker. Wieso sollte ich darauf verzichten, während andere das nicht tun?“)

Ein paar banale zusätzliche Taschenspielertricks genügen, um ohne schlechtes Gewissen weiterhin Fleisch konsumieren zu können. Zu meiner endgültigen Entlastung plappere ich einfach ein paar schlichte Parolen vor mich hin: „Der Mensch isst doch schon immer Fleisch“, „Fleisch essen ist gesund“, oder das Königsargument „Der Löwe frisst ja schließlich auch Zebras“. Interessant, dass dieses armselige Niveau des Selbstbetrugs völlig ausreicht, um sich mit sich und der Welt im Reinen zu fühlen. Selbst haarsträubende ‚Argumente‘ wie "Das Leben ist eben manchmal grausam", "Es ist Gottes Wille" oder „Nutztiere sterben aus, wenn wir sie nicht essen“ beseitigen oder mildern zumindest die kognitive Dissonanz. Falls doch mal jemand ein klein wenig ins Grübeln kommt ob der Qualität der eigenen Argumente, dann hilft auf jeden Fall das rhetorische Omnivoren-Notprogramm, welches von der artgerechten Haltung, den glücklichen Tieren, dem humanen Töten schwärmt oder einen Lobgesang auf den Metzger um die Ecke anstimmt.

Tragischer Weise sind die ‚Argumente‘ der Fleischesser einer echten verstandesmäßigen Prüfung nur bedingt zugänglich. Es handelt sich überwiegend nicht um reflektierte Überlegungen des Verstandes im Hier und Jetzt, sondern um Einblendungen aus der Vergangenheit, um erinnerte Standardtexte des Autopiloten – in der Kindheit in unserer Herkunftsfamilie gelernt, von der Umgebung wieder und wieder verstärkt, tausendfach gehört und tausendfach nachgeplappert - so lange und so oft, bis sie zur zementierten Wahrheit wurden, die keiner weiteren Überprüfung bedarf.
Wäre das alles für die Opfer nicht so unfassbar tragisch, wir könnten uns königlich amüsieren über die ‚Krone der Schöpfung‘ und ihre Fähigkeit zum hochflexiblen Umgang mit Moral und Verantwortung."

Copyright Armin Rohm


Ich kann nichts anderes sagen als:
Er hat Recht!

In dem Sinne
Namasté eure Jo vom Tierhof Amoa

Bildquelle aus dem Internet entnommen.
Textquelle Autor: Copyright Armin Rohm